24.12.2012 Zivilrecht

OGH: Mangelhafte Werkleistung – zur Beweislast iZm Mangelfolgeschaden

Der Anspruch auf Ersatz des Mangelfolgeschadens richtet sich nach Schadenersatzrecht; dabei gelten die allgemeinen Beweislastregeln; es bleibt an sich Sache des Geschädigten, die Pflichtverletzung und den dadurch verursachten Schaden zu beweisen


Schlagworte: Werkvertragsrecht, Schadenersatzrecht, mangelhafte Werkleistung, Mangelfolgeschaden, Beweislast, Anscheinsbeweis
Gesetze:

§§ 1165 ff ABGB, § 933a ABGB, §§ 1295 ff ABGB, § 272 ZPO

GZ 1 Ob 172/12v, 11.10.2012

 

OGH: Es steht außer Frage, dass der Beklagte seine Werkleistung insoweit mangelhaft erbrachte, als er beim Verlegen eines Polyethylen-Kunststoffrohrs den zulässigen Biegeradius unterschritt. Der Revisionswerber macht aber nicht Gewährleistung geltend, sondern begehrt den Ersatz des durch den Mangel hervorgerufenen Wasserschadens. Der Anspruch auf Ersatz des Mangelfolgeschadens richtet sich nach Schadenersatzrecht. Dabei gelten die allgemeinen Beweislastregeln. Soweit die Revision allgemein auf das Gewährleistungsrecht Bezug nimmt, muss darauf nicht näher eingegangen werden.

 

Nach stRsp betrifft die Beweislastumkehr des § 1298 ABGB nur das Verschulden. Damit bleibt es an sich Sache des Geschädigten, die Pflichtverletzung und den dadurch verursachten Schaden zu beweisen. Das Regelbeweismaß der ZPO ist dabei nicht die (bloß) überwiegende, sondern die hohe Wahrscheinlichkeit. Mit den Fällen, in denen die Rsp die überwiegende Wahrscheinlichkeit als Beweismaß ausreichen lässt und die vornehmlich schwer zu beweisende fiktive Geschehensabläufe betreffen (RIS-Justiz RS0022782 [Kausalität für Schaden]; RS0124818 [Entstehen der Erkrankung]; RS0022706 [Anwaltsfehler, fiktiver sonstiger Prozessverlauf]; RS0038222; RS0026412 [T13] [ärztliche Behandlungsfehler]; RS0022900 [Kausalität der Unterlassung]; RS0030842 [Verdienstentgang]), ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar.

 

Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass das dem Beklagten anzulastende Unterschreiten des Biegeradiusses beim Verlegen des Rohres zu dessen Bruch geführt und damit den vom Kläger geltend gemachten Schaden verursacht hat. Aus dieser Feststellung hat das Berufungsgericht zutreffend abgeleitet, dass dann das Überbiegen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht Ursache für den geltend gemachten Wasserschaden gewesen sein könne. Das entspricht nach dem für den Zivilprozess geforderten Beweismaß dem erfolgreichen Nachweis, dass der dem Beklagten zuzurechnende Verlegungsmangel für den geltend gemachten Schaden nicht kausal war. Selbst wenn man daher zu Gunsten des Klägers das Beweismaß herabsetzen oder von der von ihm ins Treffen geführten Beweiserleichterung durch eine Anscheinsbeweisführung (Prima-facie-Beweis) ausgehen wollte, ist nach den den OGH bindenden Feststellungen für seinen Standpunkt nichts gewonnen. Der Anscheinsbeweis beruht auf der Annahme, dass bestimmte Geschehensabläufe typisch sind. Diese Vermutung ist aber nur bis zum Hervorkommen einer möglichen Ausnahmesituation begründet.