OGH: § 28 IPRG – Rechtsnachfolge von Todes wegen
Ist nach § 28 Abs 2 IPRG österreichisches Recht anzuwenden, so geht das hievon erfasste Nachlassvermögen erst durch Erbantrittserklärung und Einantwortung über; ist allerdings nur ein Teil des Nachlasses in Österreich abzuhandeln, so richten sich Erbschaftserwerb und Nachlassschuldenhaftung grundsätzlich hinsichtlich des restlichen Nachlasses weiterhin nach dem Erbstatut
§ 28 IPRG
GZ 1 Ob 98/12m, 01.08.2012
OGH: Gem § 28 Abs 1 IPRG ist die Rechtsnachfolge von Todes wegen nach dem Personalstatut des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes zu beurteilen. Diese Verweisung ist eine Gesamtverweisung, sie umfasst daher auch die Verweisungsnormen des Rechts, auf das verwiesen wird. Der Erblasser war deutscher Staatsbürger; gem § 9 Abs 1 IPRG war sein Personalstatut daher deutsches Recht. Dieses nimmt die Verweisung an, weil sich gem Art 25 Abs 1 EGBGB die Rechtsnachfolge von Todes wegen nach der Staatsangehörigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes richtet. Die Fragen des Erbschaftserwerbs (und der Nachlassschuldenhaftung) richten sich daher grundsätzlich nach deutschem Recht.
Allerdings enthält § 28 Abs 2 IPRG eine Ausnahme von der Regelung des Abs 1. Wird - wie hier aufgrund der Aktenlage offenkundig im Hinblick auf das in Österreich befindliche bewegliche Vermögen des Betroffenen, der seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte (§ 106 Abs 1 Z 2 lit b JN) - eine Verlassenschaftsabhandlung in Österreich durchgeführt, so sind der Erbschaftserwerb und die Haftung für Nachlassschulden nach österreichischem Recht zu beurteilen. Der Grund für diese Regelung liegt darin, dass bei manchen Fragen, wie etwa dem Erwerb der Erbschaft und der Beschränkung der Erbenhaftung für die Nachlassschulden, eine Loslösung des materiellen Rechts vom Verfahrensrecht geradezu unmöglich ist. Ist also nach § 28 Abs 2 IPRG österreichisches Recht anzuwenden, so geht das hievon erfasste Nachlassvermögen erst durch Erbantrittserklärung und Einantwortung über. Ist allerdings nur ein Teil des Nachlasses - wofür nach der Aktenlage Anhaltspunkte bestehen - in Österreich abzuhandeln, so richten sich Erbschaftserwerb und Nachlassschuldenhaftung grundsätzlich hinsichtlich des restlichen Nachlasses weiterhin nach dem Erbstatut.