OGH: Abgeltung für Mitwirkung im Erwerb des Ehegatten gem § 98 ABGB –Investitionsrücklagen als Abzugsposten?
Ist angespartes Geld nach dem Willen des Unternehmers für die Vornahme in naher Zukunft erforderlicher Sanierungsarbeiten am Betriebsobjekt reserviert, steht es grundsätzlich nicht für eine Ausschüttung zur Verfügung, was insbesondere dann nicht zweifelhaft sein kann, wenn es in der Folge tatsächlich widmungsgemäß verwendet wird; nur jene erforderlichen Investitionskosten, die (anteilig) die Verschlechterung der Betriebsliegenschaft zwischen der Übernahme und dem (geplanten) Einsatz der angesparten Mittel ausgleichen sollen, können - in dem dem Mitwirkungszeitraum entsprechenden zeitanteiligen Ausmaß - von den in dieser Zeit sonst erwirtschafteten Betriebsgewinnen in Abzug gebracht werden; (geplante) Investitionen, die über die bloße Wiederherstellung des früheren Zustands hinausgehen, wie etwa Ausbauarbeiten oder sonstige Erweiterungen, sind hingegen nicht als Abzugsposten zu berücksichtigen, sofern sich nicht ausnahmsweise ergeben sollte, dass solche Investitionen deshalb wirtschaftlich erforderlich sind, um die Überlebensfähigkeit des Betriebs zu erhalten
§ 98 ABGB
GZ 1 Ob 131/12i, 11.10.2012
OGH: Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass die Mitwirkung eines Ehegatten im Erwerb des anderen nach § 98 ABGB einen Gewinnbeteiligungsanspruch ähnlich dem Anspruch aus einem Gesellschaftsverhältnis begründet, sodass dem mitwirkenden Ehegatten (nur) ein angemessener Anteil an einem gemeinsam erzielten Gewinn zusteht. Zweck der Gesetzesbestimmung ist nicht eine Entlohnung des mitarbeitenden Ehegatten oder die Sicherung seines Unterhalts, sondern es geht va darum, dass nicht ein Ehegatte Erträgnisse verbrauchen kann, die zum Teil nur durch die Mitwirkung des anderen Ehegatten erzielt wurden. Dabei kommt es nicht in erster Linie auf die steuerpflichtigen Einkünfte an, vielmehr ist vom „Nettogewinn“ im fraglichen Zeitraum auszugehen; es ist auch auf die Ertragslage Bedacht zu nehmen und zu beachten, dass der Bestand des Betriebs durch die Abgeltung nicht gefährdet wird. Bei der Ermittlung des Gewinns sind vom Bruttoerlös nicht nur die Ausgaben für die Führung des Betriebs, sondern auch alle Aufwendungen zur Tilgung eines etwa aufgenommenen Kapitals und die Aufwendungen für die Erhaltung oder Erneuerung des Anlagevermögens abzuziehen.
Soweit sich der Revisionsrekurswerber mit der Frage des Verhältnisses des Anspruchs nach § 98 ABGB zu den Möglichkeiten eines geschiedenen Ehegatten auseinandersetzt, auf im Eigentum des anderen stehende Vermögenswerte in einem Aufteilungsverfahren nach den §§ 81 ff EheG zugreifen zu können, vermag der erkennende Senat eine unklare Rechtslage bzw einen Überschneidungsbereich nicht zu erkennen. Der Anspruch nach § 98 ABGB ist von dem Weiterbestehen oder der Auflösung der Ehe vollkommen unabhängig und geht allfälligen Ansprüchen auf das eheliche Vermögen nach den §§ 81 ff EheG vor. Darüber hinaus kann die vom Revisionsrekurswerber erörterte Frage des besonderen „Schutzes“ von Unternehmensvermögen im Aufteilungsverfahren schon deshalb dahinstehen, weil die Ehe der Streitteile noch nicht geschieden ist und sich die Frage nach allfälligen Aufteilungsansprüchen somit gar nicht stellt.
Richtig ist allerdings, dass in der bisherigen Rsp des OGH ein vergleichbarer Fall - soweit ersichtlich - noch nicht behandelt wurde. Daher wurde auch noch nicht klargestellt, inwieweit die angeführten Rechtssätze zum Unternehmensgewinn auch für Konstellationen gelten, in denen zwar Beträge erwirtschaftet und noch nicht reinvestiert wurden, aber nach dem Geschäftsplan des Unternehmers dennoch nicht zur Entnahme oder Verteilung zur Verfügung stehen, weil damit in Zukunft notwendige Investitionen in das Anlagevermögen des Betriebs finanziert werden sollen. In der Entscheidung 1 Ob 636/83 wurde etwa iZm Einnahmen aus Privatzimmervermietung ausgesprochen, dass ua die Aufwendungen „für die Erhaltung oder Erneuerung des Hauses als der Quelle des Erwerbs“ von den Bruttoeinnahmen abzuziehen sind; nur wenn dann noch ein Gewinn verbleibt, kommt ein Abgeltungsanspruch in Betracht. Hätte der Antragsteller im vorliegenden Fall die jährlichen Betriebserlöse nicht angespart, sondern für laufende Investitionen in die Erhaltung und Sanierung des Objekts investiert, wäre kein Gewinn verblieben, an dem die Antragstellerin durch einen Anspruch nach § 98 ABGB hätte partizipieren können. Nicht wesentlich anders liegt nach Auffassung des erkennenden Senats der Fall, dass größere Investitionen - in grundsätzlich sowohl betrieblich als auch finanziell sinnvoller Weise - in größeren Zeitabständen in einem Zug vorgenommen werden, wofür allerdings das Ansparen entsprechender Geldmittel erforderlich ist, soll nicht der wirtschaftlich erheblich teurere Weg der Fremdfinanzierung beschritten werden. Andererseits kann nach § 98 ABGB aber unternehmerisch tätigen Ehegatten auch nicht die Möglichkeit offen stehen, nach Gutdünken Betriebserlöse ohne ausreichende kaufmännische Rechtfertigung für dem Grunde und der Höhe nach unsichere zukünftige Investitionen zu thesaurieren oder aber in einer betrieblich nicht indizierten Weise zu investieren und so den anderen (mitarbeitenden) Ehegatten um seinen Abgeltungsanspruch zu bringen.
Wenn die Vorinstanzen in diesem Zusammenhang ua damit argumentiert haben, dass die anstehenden Sanierungsarbeiten den Verkehrswert des Hotelobjekts erhöhten und es somit zu einer Vermögensbildung auf Seiten des Antragsgegners käme, ist dem entgegenzuhalten, dass es nach den Feststellungen va um Investitionen für Sanierungen und Instandsetzungen geht, die lediglich den Effekt haben, dass der ursprünglich bestehende Zustand der Baulichkeiten wiederhergestellt wird, womit eine Vermögensvermehrung nur in untergeordnetem Ausmaß eintreten kann; dies gilt insbesondere für jene Investitionen, denen nach den getroffenen Feststellungen die Vorgaben eines gewerbebehördlichen Bescheids zugrundelagen und die in den Jahren 2009 und 2010 im Ausmaß von rund 150.000 EUR vorgenommen wurden. Ist angespartes Geld nach dem Willen des Unternehmers für die Vornahme in naher Zukunft erforderlicher Sanierungsarbeiten am Betriebsobjekt reserviert, steht es eben grundsätzlich nicht für eine Ausschüttung zur Verfügung, was insbesondere dann nicht zweifelhaft sein kann, wenn es in der Folge tatsächlich widmungsgemäß verwendet wird. Nach den Feststellungen des Erstgerichts hat der Antragsgegner im fraglichen Zeitraum „Gewinne“ von mehr als einem Drittel des ausgewiesenen Gesamtumsatzes gemacht und einen Betrag von mehr als 486.000 EUR auf seinem Betriebssparbuch angespart. Geht man vom Vorbringen der Antragstellerin aus, dass aufgrund einer Pauschalierung für die Berechnung der Einkommensteuer ein Prozentsatz von (nur) 5,5 % des Umsatzes als Gewinn angenommen wird, spricht viel dafür, dass es sich bei den vom Erstgericht festgestellten „Betriebsgewinnen“ um keine „echten“ Gewinne handelte, die dem Unternehmen nach dem freien Willen des Unternehmers einfach entnommen werden könnten.
Die Auffassung des Rekursgerichts, es sei für den Umfang der Mitwirkungsvergütung unerheblich, ob ein erwirtschafteter Gewinn aus dem Betrieb entnommen wird oder im Unternehmen verbleibt, trifft insoweit daher nicht zu. Es würde auch zu zufälligen und beliebigen Ergebnissen führen, wollte man dem mitwirkenden Ehegatten zwar dann einen Abgeltungsanspruch zuerkennen, wenn er gerade während der Ansparphase mitarbeitet, ihm einen solchen hingegen verweigern, wenn die Zeit seiner Mitwirkung mit jener der Vornahme von Investitionen, die die Betriebserlöse aufzehren, zusammenfällt. Aus ähnlichen Erwägungen wurde etwa iZm der Unterhaltsbemessungsgrundlage eines selbständigen Unterhaltsschuldners darauf abgestellt, ob eine bestimmte unternehmerische Entscheidung ex ante betrachtet sinnvoll oder gar durch betriebswirtschaftliche Erfordernisse geboten war, bzw ausgesprochen, dass die „wahren Einkommensverhältnisse“ nicht - etwa durch Abschreibungen - verzerrt werden dürfen; grundsätzlich ist maßgebend, über welche Einkünfte der Unternehmer „tatsächlich frei verfügen“ kann. Es erscheint daher auch im vorliegenden Zusammenhang angemessen, die für den fraglichen Zeitraum festgestellten „Investitionsrücklagen“ insoweit von den ermittelten „Betriebsgewinnen“ in Abzug zu bringen, als sie - entsprechend einem kaufmännisch vernünftigen Geschäftsplan - dazu dienen sollen, die in diesem Zeitraum eingetretene Wertverminderung des Betriebsobjekts durch eine künftige größere Sanierung wieder auszugleichen.
Nach § 98 zweiter Satz ABGB richtet sich die Höhe des Anspruchs nach der Art und Dauer der Leistungen des mitwirkenden Ehegatten unter angemessener Berücksichtigung der gesamten Lebensverhältnisse, insbesondere auch gewährter Unterhaltsleistungen. Entscheidend ist somit das gewinnschöpfende Potenzial der Mitwirkung, weshalb zur Beurteilung der Höhe des Anspruchs auch einigermaßen konkrete Feststellungen zu den jeweiligen Beiträgen der Ehegatten, die gemeinsam die Erzielung eines bestimmten Gewinns ermöglicht haben, zu treffen sind. Die Vorinstanzen haben zwar Feststellungen über die Art der von den Streitteilen erbrachten Arbeitsleistungen im Unternehmen des Antragsgegners getroffen und festgestellt, dass die Antragstellerin im Jahr 2004 auch die sonst vom Antragsgegner erbrachten Tätigkeiten durchgeführt hat, im Übrigen aber das zeitliche Ausmaß der Arbeitsleistungen nicht näher ermittelt, obwohl der Antragsgegner ausdrücklich vorgebracht hatte, er habe rund doppelt so viele Arbeitsstunden geleistet wie die Antragstellerin.
Letztlich wird weiter zu berücksichtigen sein, dass der Antragsgegner nicht nur persönliche Arbeitsleistungen erbracht, sondern darüber hinaus auch die materiellen Voraussetzungen (Betriebsliegenschaft) in das Unternehmen eingebracht hat, ohne die das Erzielen von Einnahmen gar nicht möglich gewesen wäre. Dass bei bestimmten Formen der Fremdenbeherbergung der Arbeitseinsatz des mitwirkenden Ehegatten allenfalls höher bewertet werden kann als die Zurverfügungstellung des Gebäudes und die organisatorische Abwicklung durch den anderen (unternehmerisch tätigen) Ehegatten, mag zwar stimmen, doch liegt ein solcher Fall hier zweifellos nicht vor, haben doch beide Ehegatten persönlich gearbeitet, jedoch hat der Antragsgegner darüber hinaus die Betriebsliegenschaft zur Verfügung gestellt. Dieser Kapitaleinsatz - der im Wirtschaftsleben typischerweise durch eine gewisse Eigenkapitalrendite abgegolten wird - wird auch bei der Gewichtung der jeweiligen Beiträge der beiden Ehegatten zum erzielten Geschäftsgewinn ausreichend zu berücksichtigen sein. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, der Antragsgegner erhielte durch die (anstehenden) Sanierungsarbeiten eine Erhöhung des Verkehrswerts seines Hotelobjekts, womit es zu einer Vermögensbildung auf seiner Seite komme, wurde doch dargelegt, dass von den angesparten Betriebserlösen nur jene Beträge in Abzug gebracht werden dürfen, die dazu dienen, den Standard zu erhalten.