OGH: Einbringung des Rekurses „bei Gericht erster Instanz“ iSd § 520 Abs 1 ZPO
Entscheidet das OLG nicht in Ausübung der Gerichtsbarkeit in Rechtsmittelverfahren, wird es funktionell als Erstgericht tätig
§§ 514 ff ZPO, § 520 ZPO
GZ 7 Ob 125/12a, 26.09.2012
OGH: Gem § 520 Abs 1 ZPO wird der Rekurs durch Überreichung eines Schriftsatzes bei dem Gericht erhoben, dessen Beschluss angefochten wird, doch sind Rekurse gegen Entscheidungen der zweiten Instanz beim Gericht erster Instanz zu überreichen.
Der Rekurs ist demnach beim jeweiligen Erstgericht einzubringen. Der Begriff „bei Gericht erster Instanz“ ist aus funktioneller Sicht zu verstehen. Deshalb muss das Erstgericht nicht jedenfalls ein solches nach den Kriterien des GOG sein.
So wird beispielsweise das OLG bei der Entscheidung über einen Delegierungsantrag als Erstgericht tätig. Rekurse gegen solche Entscheidungen sind daher bei dem OLG einzubringen, das über den Antrag entschieden hat. Auch Rekurse gegen einen Beschluss, mit dem über einen Ablehnungsantrag entschieden wurde, sind bei dem Gericht einzubringen, das in der Ablehnungssache entschieden hat.
Entscheidet demnach das OLG nicht in Ausübung der Gerichtsbarkeit in Rechtsmittelverfahren, wird es funktionell als Erstgericht tätig. Dies ist auch dann der Fall, wenn es über den Antrag auf Berichtigung seiner Berufungsentscheidung nach Rechtskraft und somit außerhalb des Berufungsverfahrens entscheidet. Es trifft hier keine Entscheidung über ein Rechtsmittel an die zweite Instanz, übt also nicht die Gerichtsbarkeit im Berufungsverfahren aus und wird daher auch in diesem Fall funktionell als Erstgericht tätig. Aus § 520 Abs 1 ZPO, gegen den der OGH keine Bedenken hegt, die zu einer Antragstellung beim VfGH nach Art 89 Abs 2 B-VG Anlass geben, folgt daher, dass die Rekurse gegen den Berichtigungsbeschluss beim OLG Wien einzubringen waren.
Wenn das Rechtsmittel beim unzuständigen Gericht eingebracht und erst von diesem dem zuständigen Gericht übersendet wird, ist die Zeit dieser Übersendung in die Rechtsmittelfrist einzurechnen.
Der Berichtigungsbeschluss wurde dem Nebenintervenienten am 4. 6. 2012 zugestellt. Sein dagegen gerichteter Rekurs langte am 28. 6. 2012 beim HG Wien und erst am 5. 7. 2012 beim OLG Wien ein. Der Rekurs des Nebenintervenienten ist daher verspätet und zurückzuweisen.