OGH: Abberufung einer Sicherheitsfachkraft – Befassung des Arbeitsschutzausschusses?
§ 92a Abs 3 Satz 3 ArbVG, der die Folgen der Unterlassung der Befassung des Betriebsrats und des Arbeitsschutzausschusses regelt, bezieht die Sanktion der Unwirksamkeit nur auf die Bestellung von Sicherheitsfachkräften und Arbeitsmedizinern, nicht aber auf deren Abberufung
§ 87 ASchG, § 92a ASchG
GZ 8 ObA 31/11h, 24.04.2012
OGH: Zur Behauptung der Unwirksamkeit der Beendigung der Vereinbarung über die Nebentätigkeit wegen der Nichtbefassung des Arbeitsschutzausschusses:
Das ASchG geht davon aus, dass bei größeren Arbeitsstätten, in denen regelmäßig mindestens 100 Arbeitnehmer beschäftigt sind (§ 88 Abs 1 ASchG), geeignete Strukturen erforderlich sind, um die für einen wirksamen Schutz der Arbeitnehmer unerlässliche Einbindung der Präventivdienste und der Belegschaftsorgane in den innerbetrieblichen Informations- und Entscheidungsprozess und die innerbetriebliche Koordination und den Dialog auf dem Gebiet der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes zu gewährleisten. Diesem Zweck dient der Arbeitsschutzausschuss, der nicht nur für Fragen der Sicherheit zuständig ist, sondern generell für Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und menschengerechte Arbeitsgestaltung.
§ 87 Abs 1 ASchG sieht vor, dass der Arbeitsschutzausschuss vor Abberufung einer Präventivkraft zu „befassen“ ist. Aus dieser Bestimmung ergibt sich nicht, dass die Zustimmung des Arbeitsschutzausschusses zur Abberufung erforderlich ist. Der Arbeitsschutzausschuss kann eine Abberufung daher nicht verhindern; er soll über die geplante Abberufung informiert werden und Gelegenheit haben, die dafür und dagegen sprechenden Erwägungen zu diskutieren.
Bei der Beurteilung, welche Folgen die mangelnde Befassung des Arbeitsschutzausschusses hat, blieb bisher die ebenfalls mit dem ASchG BGBl 1994/450 geschaffene Regelung des § 92a ArbVG („Arbeitsschutz“) außer Betracht, mit der die Informations- und Interventionsrechte des Betriebsrats in Fragen des Arbeitsschutzes präzisiert werden sollten. § 92a Abs 3 ArbVG sieht Mitwirkungsrechte des Betriebsrats iZm der Bestellung und der Abberufung von für den Arbeitsschutz zuständigen Personen vor.
§ 92a Abs 3 Satz 3 ArbVG regelt auch die Folgen der Unterlassung der Befassung des Arbeitsschutzausschusses, bezieht die Sanktion der Rechtsunwirksamkeit aber nach seinem klaren Wortlaut nur auf die Bestellung von Sicherheitsfachkräften und Arbeitsmedizinern, nicht aber auf deren Abberufung. Eine planwidrige Gesetzeslücke liegt insoweit nicht vor.