29.10.2012 Zivilrecht

OGH: Gegenstand der richterlichen Beschlussfassung nach § 835 ABGB ist die Frage, ob die (wichtige) Veränderung offenbar (also eindeutig) vorteilhaft, bedenklich oder nachteilig ist

Ob das der Fall ist, ist nach den Umständen des Einzelfalls und vom Standpunkt der Gesamtheit aller Miteigentümer und nicht allein von jenem der Mehrheit aus zu beurteilen


Schlagworte: Miteigentum, Veränderung, Genehmigung des Außenstreitrichters
Gesetze:

§ 835 ABGB

GZ 5 Ob 27/12z, 26.07.2012

 

OGH: Gegenstand der richterlichen Beschlussfassung nach § 835 ABGB ist die Frage, ob die (wichtige) Veränderung offenbar (also eindeutig) vorteilhaft, bedenklich oder nachteilig ist. Ob das der Fall ist, ist nach den Umständen des Einzelfalls und vom Standpunkt der Gesamtheit aller Miteigentümer und nicht allein von jenem der Mehrheit aus zu beurteilen. Der Beschluss des Außerstreitrichters ist eine im Wesentlichen von Billigkeitserwägungen getragene Ermessensentscheidung.

 

Die zur Genehmigungsfähigkeit wichtiger Änderungen ergangene Judikatur lässt damit einen Wertungsspielraum offen und stellt stets auf die Umstände des Einzelfalls ab. Eine Anrufung des OGH wäre daher in diesem Zusammenhang nur zulässig, wenn dem Rekursgericht eine aus Gründen der Rechtssicherheit zu korrigierende Fehlbeurteilung unterlaufen wäre.

 

Eine derart vom OGH aufzugreifende Fehlbeurteilung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls vermag der außerordentliche Revisionsrekurs aber nicht aufzuzeigen. Die Rechtsansicht des Rekursgerichts, ein Begehren auf Zustimmung der Minderheit zur Öffnung der Dachhaut und Errichtung eines Häuschens darüber lasse isoliert eine positive Beurteilung iSe Vorteilshaftigkeit nicht zu, ist ebensowenig zu beanstanden wie eine daraus abgeleitete Gefahr der Nachteiligkeit für das Gebäude und damit eine Gefährdung der Interessen der Miteigentümer.

 

Dass dann, wenn die Mehrheit wichtige Veränderungen gegen den Willen der Minderheit durchführen will, sie die Zustimmung des Richters im Verfahren außer Streitsachen erwirken muss, gilt auch für die Errichtung eines Aufzugs in der Wohnung eines Miteigentümers und von dieser auf die Dachterrasse, weil davon jedenfalls allgemeine Teile der Liegenschaft betroffen sind und es sich keineswegs um Maßnahmen der Erhaltung und Verwaltung des gemeinsamen Guts iSd § 833 ABGB handelt. Ob baurechtlich an die Zustimmung der Miteigentümer geringere Anforderungen gestellt werden, ist für eine Beurteilung einer Änderung nach § 835 ABGB nicht entscheidend.

 

Liegt, wie hier, keine Genehmigung aller zum Lifteinbau vor und wird eine solche auch ausdrücklich nicht angestrebt, kann dieser Zweck der von den Antragstellern isoliert betriebenen Änderungen einer nach § 835 ABGB zu treffenden Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden.