24.10.2012 Arbeitsrecht

VwGH: Zustimmung zur Kündigung eines begünstigten Behinderten (hier iZm durch Mobbing und Druck am Arbeitsplatz verursachte Krankenstände)

Auf welche Gründe die - berechtigten - Krankenstände zurückzuführen sind, ist - jedenfalls solange sie nicht auf ein Verhalten oder Unterlassen des Dienstgebers zurückzuführen sind - nicht erheblich


Schlagworte: Behinderteneinstellungsrecht, Kündigung, Zustimmung, Krankenstände, Mobbing, Verhalten / Unterlassen des Dienstgebers
Gesetze:

§ 8 BEinstG, § 2 BEinstG

GZ 2011/11/0149, 18.09.2012

 

VwGH: Der VwGH hat die von der Behörde gem § 8 Abs 2 BEinstG zu treffende Ermessensentscheidung ausschließlich daraufhin zu prüfen, ob die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen iSd Gesetzes Gebrauch gemacht hat, welche Prüfung freilich voraussetzt, dass alle für die Entscheidung wesentlichen tatsächlichen Umstände unter Einhaltung der maßgebenden Verfahrensvorschriften ermittelt und in der Bescheidbegründung festgestellt wurden.

 

Die belangte Behörde stützt ihre Entscheidung erkennbar auf § 8 Abs 4 lit. b BEinstG. Nach dieser Bestimmung ist der Verlust der Fähigkeit des begünstigten Behinderten, die im Dienstvertrag vereinbarte Arbeit zu leisten, im Zusammenhalt mit der Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung ein Grund, im Rahmen der Interessenabwägung dem Dienstgeber nicht die Fortsetzung des Dienstverhältnisses zuzumuten, dies mit der Folge, dass die Zustimmung zu einer (erst auszusprechenden) Kündigung zu erteilen sein wird.

 

Treten bei einem Dienstnehmer Krankenstände auf, die ihn laufend in einem weit über dem Durchschnitt liegenden Maß an der Dienstleistung hindern, so ist er zur Erfüllung seiner Dienstpflichten nicht mehr im Stande. Auf welche Gründe diese - berechtigten - Krankenstände zurückzuführen sind, ist - jedenfalls solange sie nicht auf ein Verhalten oder Unterlassen des Dienstgebers zurückzuführen sind - nicht erheblich. Eine aus der hohen Zahl der Krankheitstage ableitbare ungünstige Prognose und die Tatsache, dass weit überdurchschnittliche Krankenstände durch einen langen Zeitraum nahezu regelmäßig aufgetreten sind, rechtfertigen eine Kündigung gem § 8 Abs 4 lit b BEinstG.

 

Der Bf erklärte sich im gegenständlichen Verwaltungsverfahren bereits bei seiner ersten Einvernahme vor dem Bundessozialamt arbeitsbereit und arbeitswillig. Die Krankenstände wurden vom Bf zwar nicht bestritten, jedoch wies er von Beginn an darauf hin, dass sie durch Mobbing und Druck am Arbeitsplatz verursacht worden seien. Die Mitbeteiligte wiederum hat dies durch das gesamte Verfahren hindurch bestritten.

 

Das fachärztliche Gutachten, welches eindeutig im Widerspruch zu den von der belangten Behörde herangezogenen Gutachten und dem Vorbringen der Mitbeteiligten steht und nach dem überdies nicht auszuschließen ist, dass die Krankenstände des Bf (zumindest zum Teil) auf ein Verhalten oder Unterlassen des Dienstgebers zurückzuführen sind, wurde von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid nicht einmal erwähnt. Es wäre allerdings eine Auseinandersetzung mit diesem Gutachten zur zweifelsfreien und vollständigen Ermittlung des strittigen Sachverhalts betreffend sowohl die Arbeitsfähigkeit des Bf als auch die Ursache für seine Krankenstände notwendig gewesen, um der Entscheidung alle wesentlichen tatsächlichen Umstände zu Grunde legen zu können und eine Nachprüfung der Ermessensentscheidung durch den VwGH zu ermöglichen.