01.10.2012 Verfahrensrecht

OGH: Möglichkeit (iSd Prozessökonomie), Rekurse gegen die Aufträge zur Urkundenvorlage mit dem Rekurs gegen den die Ablehnung der Vorsitzenden abweisenden Beschluss als „nächstfolgende anfechtbare Entscheidung“ iSd § 515 ZPO zu verbinden?

Ein in einem Ablehnungsverfahren ergangener Beschluss kann nicht als „nächstfolgende anfechtbare Entscheidung“ iSd § 515 ZPO angesehen werden


Schlagworte: Ablehnung von Richtern, nächstfolgende anfechtbare Entscheidung, Rechtsmittel, verbinden, Prozessökonomie
Gesetze:

§§ 19 ff JN, § 515 ZPO, § 319 ZPO

GZ 9 ObA 82/12t, 22.08.2012

 

OGH: Gem § 319 Abs 2 ZPO kann ein Beschluss nach § 303 ZPO (Auftrag zur Urkundenvorlage durch den Gegner) nicht durch ein abgesondertes Rechtsmittel angefochten werden.

 

Gem § 515 ZPO können die Parteien in den Fällen, in denen gegen einen Beschluss ein abgesondertes Rechtsmittel versagt ist, ihre Beschwerden gegen diesen Beschluss mit dem gegen die nächstfolgende anfechtbare Entscheidung eingebrachten Rechtsmittel zur Geltung bringen. Diese Bestimmung soll der Prozessbeschleunigung und -ökonomie dienen.

 

Die Beklagte ist der Ansicht, dass sie iSd Prozessökonomie befugt war, ihre Rekurse gegen die Aufträge zur Urkundenvorlage mit ihrem Rekurs gegen den die Ablehnung der Vorsitzenden abweisenden Beschluss als „nächstfolgende anfechtbare Entscheidung“ zu verbinden.

 

Dagegen hat das Rekursgericht völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass das Ablehnungsverfahren ein vom eigentlichen Rechtsstreit verschiedenes Verfahren ist. Dies kommt schon dadurch zum Ausdruck, dass es eigenen Zuständigkeits-, Verfahrens- und Rechtsmittelbestimmungen unterliegt (§§ 23 f JN) und nur die Zulässigkeit und Berechtigung einer Ablehnung zum Gegenstand hat. Über die Ablehnung des Richters eines Gerichtshofs entscheidet ein eigener Ablehnungssenat (§ 19 Z 10, § 20 Abs 1 Geo), der auch in Arbeits- und Sozialrechtssachen nur aus Berufsrichtern besteht (§ 11 Abs 4 ASGG). Abgesehen von den unterschiedlichen Zuständigkeiten ist auch nicht ersichtlich, inwieweit eine Befassung des Ablehnungssenats mit einem im Verfahren ergangenen, nicht abgesondert anfechtbaren Beschluss der Verfahrensökonomie dienlich wäre. Zutreffend hat das Rekursgericht zudem auf die Folge der Ansicht der Beklagten hingewiesen, dass sonst jeder Beschluss durch die Erhebung eines Ablehnungsantrags anfechtbar würde und der Zweck des § 515 ZPO nach Verfahrensökonomie ausgehebelt wäre. Ein in einem Ablehnungsverfahren ergangener Beschluss kann folglich nicht als „nächstfolgende anfechtbare Entscheidung“ iSd § 515 ZPO angesehen werden.

 

Die Rekurse gegen die Vorlageaufträge des Erstgerichts wurden vom Rekursgericht daher zu Recht zurückgewiesen. Sie entziehen sich damit auch der Überprüfung der behaupteten Nichtigkeit und Rechtswidrigkeit der erstgerichtlichen Beschlüsse.