01.10.2012 Wirtschaftsrecht

OGH: Vereinsausschluss iZm Konkurrenz zum Verein

Der beklagte Verein muss nicht die Konkurrenz eines seiner Mitglieder um den Zuschlag des - den alleinigen Vereinszweck darstellenden - Pachtvertrags dulden


Schlagworte: Vereinsrecht, Ausschluss, Konkurrenz, Treuepflicht
Gesetze:

§ 1 VerG, § 3 VerG

GZ 4 Ob 71/12p, 02.08.2012

 

OGH: Ein Vereinsausschluss stellt die weitestgehende Vertragsstrafe dar und darf nur aus wichtigen Gründen erfolgen. Es ist eine restriktive Auslegung der wichtigen Gründe geboten, wenn es sich um einen Verein handelt, der rechtlich oder faktisch Monopolcharakter hat. Ist jemand Mitglied eines Vereins geworden, so soll er nur aus ihn belastenden wichtigen Gründen gegen seinen Willen diese Mitgliedschaft verlieren. Bei jedem Vereinsausschluss ist va auch zu beachten, welchen Zweck der Verein verfolgt und aus welchen Mitgliedern er sich zusammensetzt.

 

Ein wichtiger Ausschlussgrund liegt nach Krejci insbesondere in der Verletzung von Mitgliedspflichten, die geeignet sind, den Bestand des Mitgliedschaftsverhältnisses und das Vertrauen zwischen Mitglied und Verein ernstlich zu erschüttern. Nach Brändle/Rein bringe der Ausschluss aus dem Verein typischerweise eine Missbilligung zum Ausdruck und die Reaktion einer sozialen Gruppe auf das Verhalten eines ihrer Mitglieder, das mit den Gruppenanforderungen in Widerspruch stehe. Die Verhängung dieser weitestgehenden Vereinsstrafe dürfe nur aus besonders wichtigen Gründen erfolgen und sei bei einer Monopolstellung des Vereins subsidiär gegenüber gelinderen Mitteln.

 

Der Kläger rechtfertigt seine Bewerbung um die Pacht der Gemeindejagd damit, dass unklar gewesen sei, ob der Beklagte noch an einer weiteren Pacht interessiert sei. Dieses Interesse ergibt sich aber schon aus dem Vereinszweck. Eine allfällige Unklarheit wäre jedenfalls spätestens mit dem erfolgten Zuschlag seitens des Gemeinderats beseitigt gewesen. Der Kläger focht den Zuschlag an den beklagten Verein jedoch an. Die von ihm argumentierte „Rechtfertigung“ kann daher nicht überzeugen.

 

Wenn der Kläger darauf hinweist, dass er in seiner Bewerbung ohnedies den Vereinsmitgliedern die Jagdausübung zugesagt habe, so ändert dies nichts daran, dass im Falle der Zuteilung der Pacht an ihn der Beklagte jegliche Existenzberechtigung und seine Mitglieder jeglichen Rechtsanspruch auf die Ausübung der Gemeindejagd verloren hätte(n). Der Beklagte wäre in diesem Fall zum bloßen Bittsteller geworden.

 

Jedes Vereinsmitglied unterliegt gegenüber dem Verein einer Treuepflicht und auch die einzelnen Mitglieder haben ein Recht darauf, dass ihre Mitgliedschaftsrechte nicht verletzt werden.

 

Das Verhalten des Klägers (Konkurrenz-Bewerbung um die Pacht, Unterschriftenaktion bei Grundeigentümern, Anfechtung des Zuschlags an den Beklagten) verletzt in eklatanter Weise die Rechte aller übrigen Vereinsmitglieder, verletzt die vereinsinterne Treuepflicht und steht im krassen Widerspruch zum Vereinszweck.

 

Der beklagte Verein muss nicht die Konkurrenz eines seiner Mitglieder um den Zuschlag des - den alleinigen Vereinszweck darstellenden - Pachtvertrags dulden. Der Kläger hätte sich zu entscheiden gehabt, ob er als Pächter aus eigenem Recht oder als Mitglied des beklagten Vereins die Jagd ausüben möchte. Beides zugleich ist aus zutreffender Sicht des Beklagten unzulässig. Dem Kläger steht es (auch) in Zukunft - ebenso wie dem beklagten Jagdverein - frei, sich jeweils um die Zuerkennung eines Pachtvertrags mit der Gemeinde zu bewerben. Insofern kann daher auch nicht von einer Monopolstellung des Beklagten und von einem lebenslänglichen Ausschluss des Klägers von der Gemeindejagd gesprochen werden.