10.09.2012 Verfahrensrecht

OGH: Aussetzung der Vollstreckung – zum notwendigen Inhalt eines Antrags nach Art 23 EuVTVO

Die von der hA in Österreich angenommene Verpflichtung des Aufschiebungswerbers, die ihm drohende Gefahr konkret zu behaupten und bescheinigen, sofern diese nach der Aktenlage nicht offenkundig ist, ist eine nach Art 20 Abs 1 EuVTVO zulässige Verfahrensgestaltung


Schlagworte: Exekutionsrecht, Vollstreckungstitel-Verordnung, Europäischer Vollstreckungstitel Aussetzung der Vollstreckung, lex fori
Gesetze:

Art 23 EuVTVO, Art 20 EuVTVO, §§ 42 ff EO

GZ 3 Ob 84/12t, 14.06.2012

 

OGH: Zunächst ist klarzustellen, dass die Verpflichtete nach ihrem Rechtsmittelantrag (nur mehr) die Aussetzung gegen Sicherheitsleistung iSd Art 23 lit c EuVTVO anstrebt, also die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung entsprechend ihrem ursprünglichen (richtig) Hauptantrag; Überlegungen zu den übrigen Möglichkeiten erübrigen sich daher.

 

Das nähere Verfahren zur Beurteilung eines Antrags nach Art 23 EuVTVO sowie die zulässigen Sicherungsmaßnahmen sind in der EuVTVO nicht geregelt; dafür normiert Art 20 Abs 1 EuVTVO mangels einschlägiger Bestimmungen die lex fori als maßgeblich.

 

Der Aussetzung des Vollstreckungsverfahrens entspricht in Österreich die Aufschiebung der Exekution nach §§ 42 ff EO, deren Regeln mit den Intentionen des Art 23 EuVTVO auf der Grundlage der bestehenden Rechtslage durch die Regeln über die Aufschiebung der Exekution mit oder ohne die nach § 44 Abs 2 EO vorgesehene Sicherheitsleistung im Einklang stehen. Maßgebend für die Ermessensentscheidung nach Art 23 EuVTVO sind nämlich die Erfolgsaussichten des im Ursprungsmitgliedstaat eingelegten Rechtsbehelfs sowie die Wahrscheinlichkeit, dass eine bedingungslose Zwangsvollstreckung einen nicht wieder gutzumachenden Schaden verursachen würde. Die in § 44 Abs 1 EO vorgesehene Möglichkeit, die Bewilligung der Exekutionsaufschiebung zu verweigern, wenn die Exekution begonnen oder fortgeführt werden kann, ohne dass dies für den Schuldner mit der Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteils verbunden wäre, entspricht daher ebenfalls einer nach Art 23 EuVTVO möglichen Entscheidung. Auch die von der hA in Österreich angenommene Verpflichtung des Aufschiebungswerbers, die ihm drohende Gefahr konkret zu behaupten und bescheinigen, sofern diese nach der Aktenlage nicht offenkundig ist, ist eine nach Art 20 Abs 1 EuVTVO zulässige Verfahrensgestaltung, die im Übrigen auch der von der EuVTVO bezweckten Beschleunigung und Erleichterung der Zwangsvollstreckung entspricht.

 

Das Rekursgericht ist somit für die Aussetzung des Exekutionsverfahrens nach Art 23 lit c EuVTVO zutreffend vom Erfordernis für die Verpflichtete entsprechend §§ 42 ff EO ausgegangen, in ihrem Antrag auf Aussetzung alle für dessen Bewilligung maßgebenden tatsächlichen Behauptungen aufzustellen und auch zu bescheinigen.