25.07.2012 Verfahrensrecht

VwGH: Zustellung durch Hinterlegung gem § 17 ZustG und Einlegen der Hinterlegungsanzeige

Allgemeine Ausführungen


Schlagworte: Zustellrecht, Hinterlegung, Hinterlegungsanzeige, schriftliche Verständigung, Heilung von Zustellmängeln
Gesetze:

§ 17 ZustG, § 7 ZustG

GZ 2009/03/0124, 20.06.2012

 

VwGH: Auf Grund der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten Beweismittel legt der VwGH folgenden Sachverhalt hinsichtlich der Zustellung des angefochtenen Bescheids zugrunde:

 

Weil der damals zuständige Zusteller R. auf Urlaub war, erfolgte die fragliche Zustellung durch den für Urlaube und Krankenstände als "Springer" eingesetzten S., der im fraglichen Zustellbereich aber schon öfter tätig war, die Wohnhausanlage und die Abgabestelle des Bf kennt.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass S. die Hinterlegungsanzeige über die Zustellung in das zur Abgabestelle gehörige Postfach des Bf legte; jedenfalls fand der Bf erst am 22. Juni 2009 die Hinterlegungsanzeige oben auf der Hausbriefanlage vor und holte an diesem Tag die hinterlegte Sendung ab.

 

Überzeugende Beweisergebnisse dafür, dass vom Zusteller S. am 22. Juni 2009 die Hinterlegungsanzeige in das "richtige" Postfach, also das des Bf, gelegt wurde, fehlen: Der Zusteller selbst konnte sich an den fraglichen Zustellvorgang nicht mehr erinnern. Er war nicht der regelmäßige Zusteller in diesem Bereich, sondern als "Springer" eingesetzt, kannte aber die Anlage (mehrstöckiges Wohnhaus) und wird von seinem Vorgesetzten R. als gewissenhafter Zusteller beschrieben. Zweifel daran, dass anlässlich der strittigen Zustellung die Hinterlegungsanzeige "in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten" (§ 17 Abs 2 zweiter Satz ZustG), also das dem Bf zugewiesene Postfach in der Hausbriefanlage, eingelegt wurde, wecken aber folgende Umstände:

 

Der Bf hat vorgebracht, der angefochtene Bescheid sei ihm (erst) am 22. Juni 2009 ("durch Behebung der Hinterlegung") zugestellt worden. Er hat in der Folge geschildert, wie er Kenntnis von der fraglichen Zustellung erlangt, den Bescheid am 22. Juni 2009 abgeholt und sich über die Zustellung beschwert habe. Eine solche Beschwerde wird auch vom Leiter der Zustellbasis bestätigt. Hinweise dafür, dass der Bf die Hinterlegungsanzeige unbeachtet gelassen und das Vorbringen "konstruiert" habe, um noch eine "rechtzeitige" Beschwerde zu erreichen, gibt es nicht: Die Aktenlage zeigt, dass der Bf an ihn gerichtete behördliche Schreiben durchwegs fristgerecht beantwortet hat (beginnend mit der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme durch die Erstbehörde am 17. Oktober 2005, ebenso im Berufungsverfahren). Damit wäre kaum in Einklang zu bringen, dass der Bf nunmehr eine Hinterlegung - noch dazu des letztinstanzlichen Bescheids - ignoriert, zumal er damit auch riskieren würde, dass eine inhaltliche Überprüfung seiner Beschwerde (wegen Annahme ihrer Verspätung) unterbleibt.

 

Es ist daher, zumal eine der Gültigkeitsvoraussetzungen (§ 17 Abs 2 2. Satz ZustG) für die Wirksamkeit der Hinterlegung am 5. Juni 2009 nicht festgestellt werden kann, von der Wirksamkeit der Zustellung erst mit 22. Juni 2009 (§ 7 ZustG) und damit von der Rechtzeitigkeit der Beschwerde auszugehen.