OGH: § 21 VersVG – Rücktritt des Versicherers nach Eintritt des Versicherungsfalls
Der Beweis der fehlenden Kausalität zwischen dem nicht oder falsch angezeigten erheblichen Gefahrenumstand und dem Eintritt des Versicherungsfalls und dem Umfang der Leistungspflicht des Versicherers obliegt als Ausnahme von der normalen Rücktrittswirkung des § 21 VersVG dem Versicherungsnehmer
§ 21 VersVG
GZ 7 Ob 46/12h, 30.05.2012
OGH: Zu Recht ist unstrittig, dass der klagende Versicherungsnehmer bei Abschluss des Versicherungsvertrags über nachgefragte erhebliche Gefahrenumstände unrichtige Angaben gemacht hat, weil er verschwiegen hatte, hobbymäßig Motorsport zu betreiben und an Wettbewerben teilzunehmen. Der Versicherer bleibt nur dann dennoch zur Leistung iSd § 21 VersVG verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer jede mögliche Mitursache des falsch angezeigten oder verschwiegenen Umstands an dem Eintritt des Versicherungsfalls und dem Umfang der Leistungen des Versicherers ausschließen kann. Der Beweis der fehlenden Kausalität zwischen dem nicht oder falsch angezeigten erheblichen Gefahrenumstand und dem Eintritt des Versicherungsfalls und dem Umfang der Leistungspflicht des Versicherers obliegt als Ausnahme von der normalen Rücktrittswirkung des § 21 VersVG dem Versicherungsnehmer. Um diesen Beweis zu erbringen, muss der Versicherungsnehmer dartun, dass der Unfall auf jeden Fall aus einem anderen als dem falsch angezeigten oder dem verschwiegenen Umstand eingetreten ist. Im Hinblick auf den Umfang der Leistung darf zwischen dem nicht oder falsch angezeigten Umstand und dem Schaden keinerlei Kausalzusammenhang gegeben sein. Die Kausalität muss zwischen dem verschwiegenen oder falsch angezeigten Umstand und dem Eintritt des Versicherungsfalls und nicht zwischen dem Verschweigen oder der Falschanzeige und dem Vertragsabschluss bestehen.
Im vorliegenden Fall kann nicht festgestellt werden, dass der Schadensfall, nämlich die Knieverletzung des Klägers, „von einem Fahrrad-Freizeitunfall und nicht von einer sportlichen Enduro-Betätigung herrührt“. Die Rechtsansicht des Klägers, dass in diesem Fall die allgemeinen Beweislastregeln anzuwenden seien und die Beklagte die rechtsvernichtende Tatsache beweisen müsse, dass der Unfall bei Ausübung des Motocross-Sports zugezogen worden sei, widerspricht den oben dargelegten Grundsätzen. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts hingegen, die Beklagte sei leistungsfrei, weil der Kläger nicht habe beweisen können, dass seine Verletzung nicht iZm dem verschwiegenen Motorsport gestanden ist, hält sich im Rahmen der Judikatur. Die Beweislast, dass die verschwiegenen erheblichen Gefahrenumstände für die Leistungspflicht des Versicherers nicht kausal waren, trifft, weil es sich um eine Ausnahme von der Rücktrittswirkung des § 21 VersVG handelt, den Versicherungsnehmer.