16.07.2012 Zivilrecht

OGH: Irrtumsanfechtung – Arglist iSd § 870 ABGB

Nach einhelliger Auffassung reicht für listiges Handeln auch bedingter Vorsatz (dolus eventualis) aus


Schlagworte: Irrtumsanfechtung, List
Gesetze:

§ 870 ABGB

GZ 7 Ob 70/12p, 30.05.2012

 

OGH: Arglist ist bewusste Täuschung und immer dann anzunehmen, wenn der Vertragspartner durch vorsätzliche Vorspiegelung falscher oder Unterdrückung wahrer Tatsachen in Irrtum geführt oder in seinem Irrtum belassen oder sogar bestärkt und hiedurch zum Abschluss des angestrebten Vertrags veranlasst wurde. Nach einhelliger Auffassung reicht für listiges Handeln auch bedingter Vorsatz (dolus eventualis) aus. Für die Beurteilung der listigen Irreführung spielt es keine Rolle, ob die Nachteile tatsächlich eingetreten sind, denen sich der irregeführte Vertragspartner mit dem Abschluss des Vertrags ausgesetzt hat. Maßgebend ist allein, dass er den Vertrag nicht geschlossen hätte, hätte er den wahren Sachverhalt gekannt. Niemand soll in seinem Entschluss, ein Rechtsgeschäft überhaupt oder mit einem bestimmten Inhalt vorzunehmen, durch Vorspiegelung falscher Tatsachen bewusst mit dem Ziel beeinträchtigt werden, dass dadurch sein rechtsgeschäftlicher Wille beeinflusst wird oder doch beeinflusst werden könnte. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen des § 870 ABGB erfüllt sind, kommt es maßgeblich auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls an. Zufolge dieser Einzelfallbezogenheit ist die Frage, ob jemand einen bestimmten Vertragsabschluss durch Arglist erreicht hat, nur dann revisibel, wenn dem Berufungsgericht eine Fehlbeurteilung unterlaufen ist, die aus Gründen der Rechtssicherheit oder der Einzelfallgerechtigkeit einer Korrektur durch den OGH bedürfte.