VwGH: Verfahrenshilfeverteidiger gem § 51a VStG
Als notwendiger Unterhalt iSd § 51a Abs 1 VStG ist ein zwischen dem "notdürftigen" und dem "standesgemäßen" Unterhalt liegender anzusehen, der abstrakt zwischen dem statistischen Durchschnittseinkommen eines unselbständig Erwerbstätigen und dem "Existenzminimum" liegt und unter Würdigung der Umstände des Einzelfalles eine die Bedürfnisse des Einzelnen berücksichtigende bescheidene Lebensführung gestattet
§ 51a VStG, § 291a EO
GZ 2012/08/0057, 02.05.2012
Die Beschwerde bringt vor, dem Bf müsste nach Aufwendung der Kosten für die notwendige Verteidigung und unter Berücksichtigung der Unterhaltsverpflichtungen für drei minderjährige Kinder noch der notwendige Unterhalt iSd § 51a Abs 1 VStG, das sei jedenfalls mehr als das Existenzminimum, verbleiben. Für eine Schätzung der Verteidigungskosten könne auf Erfahrungswerte betreffend den Verfahrensaufwand sowie auf die Allgemeinen Honorarrichtlinien für Rechtsanwälte zurückgegriffen werden. Die belangte Behörde hätte zu dem Schluss kommen müssen, dass der Bf die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht ohne Gefährdung des notwendigen Unterhalts tragen könnte.
VwGH: § 51a Abs 1 VStG ist § 61 Abs 2 StPO (früher § 41 Abs 2 StPO) nachgebildet, ohne dessen demonstrative Aufzählung, wann die Gewährung der Verfahrenshilfe jedenfalls erforderlich ist, zu übernehmen. Als notwendiger Unterhalt iSd § 51a Abs 1 VStG ist ein zwischen dem "notdürftigen" und dem "standesgemäßen" Unterhalt liegender anzusehen, der abstrakt zwischen dem statistischen Durchschnittseinkommen eines unselbständig Erwerbstätigen und dem "Existenzminimum" liegt und unter Würdigung der Umstände des Einzelfalles eine die Bedürfnisse des Einzelnen berücksichtigende bescheidene Lebensführung gestattet.
Der unpfändbare Freibetrag ("Existenzminimum"), der einem Verpflichteten gem § 291a Abs 1 EO zur Gänze zu verbleiben hat ("allgemeiner Grundbetrag"), richtet sich nach dem Ausgleichszulagenrichtsatz für alleinstehende Personen (§ 293 Abs 1 lit a ASVG) und beträgt im Fall des Bf für das Kalenderjahr 2011 (vgl Art 1 § 2 Z 48 der Kundmachung BGBl II Nr 403/2010) EUR 793,40. Dieser Betrag ist gem § 291a Abs 2 Z 2 EO um 20 % für jede Person, der der Verpflichtete gesetzlichen Unterhalt gewährt, sohin auf EUR 1.269,44 netto monatlich zu erhöhen. Vom Mehrbetrag bis zum tatsächlichen monatlichen Nettoeinkommen von EUR 1.400,-- (hier: EUR 130,56) hat dem Bf gem § 291a Abs 3 EO zusätzlich 30% sowie 10% für jedes unterhaltsberechtigte Kind (hier: EUR 78,33) zu verbleiben. In Anbetracht eines "Existenzminimums" von sohin EUR 1.347,77 kann der VwGH nicht finden, dass der Bf mit einem Einkommen von EUR 1.400,-- netto die Kosten einer Verteidigung durch einen Rechtsanwalt tragen könnte, ohne den für ihn und seine Familie, für deren Unterhalt er zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung notwendigen Unterhalt zu beeinträchtigen.