02.07.2012 Zivilrecht

OGH: Änderung des Wohnungseigentumsobjekts – Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses nach § 16 Abs 2 WEG 2002

Unter Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses ist nicht jede wertneutrale Veränderung zu verstehen, sondern nur eine solche Veränderung, die eine Verschlechterung des Erscheinungsbilds bewirkt; wegen des dabei gebrauchten unbestimmten Gesetzesbegriffs ist dem Rechtsanwender ein gewisser Ermessensspielraum eingeräumt


Schlagworte: Wohnungseigentumsrecht, Änderung des Wohnungseigentumsobjekts, Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen, Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses
Gesetze:

§ 16 WEG 2002

GZ 5 Ob 208/11s, 24.04.2012

 

OGH: Unter Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses ist nicht jede wertneutrale Veränderung zu verstehen, sondern nur eine solche Veränderung, die eine Verschlechterung des Erscheinungsbilds bewirkt. Wegen des dabei gebrauchten unbestimmten Gesetzesbegriffs ist dem Rechtsanwender ein gewisser Ermessensspielraum eingeräumt. Solange bei der Beurteilung, ob eine solche Verschlechterung durch die vorgenommene oder beabsichtigte Änderung eintritt, dieser Ermessensspielraum nicht verlassen wird, liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor.

 

Nach den maßgeblichen Feststellungen und den aussagekräftigen Lichtbildern kommt dem vom Antragsteller errichteten, ca 20 m2 großen und über 4 m hohen hölzernen Gartenhaus beim Zufahren und Zugehen zur Liegenschaft eine erhebliche Auffälligkeit zu. Der Anblick des im Vordergrund stehenden, aufragenden Gartenhauses in der beschriebenen Form steht im störenden Gegensatz zum Konzept des mit klaren Formen horizontal gegliederten, in Terrassen dem Hang folgenden Baukörpers. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass dadurch eine negative Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds der Wohnhausanlage bewirkt wird (S 10 der rekursgerichtlichen Entscheidung: „auffallender Fremdkörper im Verhältnis zur übrigen Wohnanlage“), ist daher nicht zu beanstanden.

 

Dass von der Wohnung der Erstantragsgegnerin aus gesehen bei belaubter Bepflanzung das vom Antragsteller errichtete Objekt kaum bis gar nicht in Erscheinung tritt, ist nicht entscheidend, weil es schon nach dem Wortlaut des § 16 Abs 2 Z 1 WEG schutzwürdigen Interessen anderer Wohnungseigentümer widerspricht, wenn das äußere Erscheinungsbild des Hauses negativ beeinträchtigt wird.

 

Duldungspflichten aus vertraglichen Vereinbarungen sind nicht Gegenstand eines Verfahrens nach § 52 Abs 1 Z 2 WEG, weil sie gerade nicht genehmigungsbedürftig wären. Daher ist die Zustimmung der Mehrheit oder des Verwalters, aber auch eine Zusage des Wohnungseigentumsorganisators im Verfahren bedeutungslos. Wird ein Änderungsbegehren auf Vereinbarung gestützt, kann es nur im streitigen Verfahren geltend gemacht werden.

 

Die Zulässigkeit einer Änderung nach baurechtlichen Vorschriften begründet für sich noch keine Duldungspflicht der anderen Wohnungseigentümer.