VwGH: Zur Parteistellung des Nachbarn iSd § 102 Abs 1lit b iVm § 12 Abs 2 WRG
Die bloße Grundnachbarschaft als solche verleiht noch keine Parteistellung nach § 12 Abs 2 WRG; Personen, die eine Verletzung wasserrechtlich geschützter Rechte nach § 12 Abs 2 WRG durch das von ihnen bekämpfte Vorhaben geltend machen, kommt Parteistellung im Verfahren bereits dann zu, wenn eine Berührung ihrer geltend gemachten Rechte durch die projektsgemäße Ausübung des mit der behördlichen Bewilligung verliehenen Rechtes der Sachlage nach nicht auszuschließen ist
§ 102 Abs 1 lit b WRG, § 12 Abs 2 WRG
GZ 2010/07/0042, 26.01.2012
Die belangte Behörde vertrat die Ansicht, die Mitbeteiligten seien als Grundeigentümer und Unterlieger des Baches Parteien im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren.
VwGH: Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist aus diesem Umstand allein aber noch nicht zu schließen, dass den Mitbeteiligten im Wasserrechtsverfahren über ein Projekt am Nachbargrundstück Parteistellung zukommt. Die bloße Grundnachbarschaft als solche verleiht noch keine Parteistellung nach § 12 Abs 2 WRG. Eine wasserrechtlich relevante Berührung des Grundeigentums iSd § 12 Abs 2 WRG setzt vielmehr einen projektsgemäß vorgesehenen Eingriff in dessen Substanz voraus.
Die Mitbeteiligten machen aber einen Eingriff in die Substanz ihres Grundeigentums geltend, wenn sie meinen, die Verlegung des Baches auf dem Grundstück des Bf und insbesondere die geplante Einengung führe in weiterer Folge zu einer Erhöhung der Fließgeschwindigkeit und der Abflusstiefe bzw zu Abflussturbulenzen, was wiederum zu einer Erhöhung der Hochwassergefahr des Baches auf ihrem Grundstück und damit zu einer Beeinträchtigung der Substanz ihres Grundstückes führe.
Bei der Beurteilung der Frage der Parteistellung nach dem WRG verwechselt der Bf die Frage der möglichen Berührung von Rechten eines benachbarten Grundeigentümers, die für die Begründung der Parteistellung ausreicht, mit der Frage, ob diese Rechte auch tatsächlich beeinträchtigt werden. Diese beiden Beurteilungsmaßstäbe sind bei der Frage der Parteistellung in einem Wasserrechtsverfahren strikt zu trennen.
Personen, die eine Verletzung wasserrechtlich geschützter Rechte nach § 12 Abs 2 WRG durch das von ihnen bekämpfte Vorhaben geltend machen, kommt Parteistellung im Verfahren bereits dann zu, wenn eine Berührung ihrer geltend gemachten Rechte durch die projektsgemäße Ausübung des mit der behördlichen Bewilligung verliehenen Rechtes der Sachlage nach nicht auszuschließen ist. Ob eine Beeinträchtigung von Rechten tatsächlich stattfindet, ist Gegenstand des Verfahrens, vermag jedoch die Parteieigenschaft einer Person nicht zu berühren.
Dass bei der hier projektierten Einengung des Bachprofils im Oberlauf eine Berührung von Rechten der Mitbeteiligten als unmittelbar anschließende Unterlieger nicht ausgeschlossen werden kann, liegt auf der Hand. Gegenteiliges hat sich auch aus den Gutachten der beigezogenen Sachverständigen nicht ergeben, die nicht die Frage der möglichen Berührung der Rechte der Mitbeteiligten, sondern die Frage der konkreten Beeinträchtigung beurteilten.
Konnten aber Rechte der Mitbeteiligten berührt werden, so wären sie als Parteien dem Verfahren beizuziehen gewesen. Sie hätten insbesondere das Recht gehabt, zu den Gutachten der im erstinstanzlichen Verfahren beigezogenen Sachverständigen Stellung zu beziehen.
Den Mitbeteiligten kam daher Parteistellung im wasserrechtlichen Verfahren über das Projekt des Bf zu.