14.05.2012 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Wahl zum Betriebsrat ohne Wahlzellen?

Die Einrichtung von Wahlzellen oder diesen entsprechenden sonstigen Sichtschutzmaßnahmen gehört nach § 24 Abs 1 BRWO zu den Aufgaben des Wahlvorstands, der den Wählern konkrete, für den Zweck geeignete Vorrichtungen oder Räume zur Verfügung zu stellen hat; es genügt nicht, den Wählern die spontane Suche nach einem unbeobachteten Ort für die Stimmabgabe selbst zu überlassen


Schlagworte: Betriebsrat, Wahl, Wahlzellen
Gesetze:

§ 51 ArbVG, § 4 BRWO, § 24 BRWO

GZ 8 ObA 29/11i, 22.11.2011

 

OGH: Wahlen zum Betriebsrat unterliegen nach § 51 Abs 1 ArbVG und § 4 Abs 1 BRWO dem Grundsatz des geheimen Wahlrechts. Der Wahlvorgang ist so zu gestalten, dass das Votum des einzelnen Wählers keinen anderen Personen bekannt wird. Die Vorschriften über die Wahlzellen dienen der Durchsetzung dieses Grundsatzes. Nach § 24 Abs 1 BRWO hat der Wahlvorstand dafür zu sorgen, dass eine Wahlzelle zur Verfügung steht, die es erlaubt, unbeobachtet den Stimmzettel auszufüllen und zu kuvertieren. Es muss sich dabei iSd Gesetzesverweises auf § 57 Abs 3 NRWO nicht um eine fest konstruierte Wahlzelle handeln, zumindest aber um eine geeignete Absonderungsvorrichtung im Wahllokal, die einen gleichwertigen Sichtschutz bietet.

 

Bei der hier angefochtenen Betriebsratswahl waren an den Standorten der sog „fliegenden Wahlkommissionen“ unstrittig keine Wahlzellen im Einsatz.

 

Die Einrichtung von Wahlzellen oder diesen entsprechenden sonstigen Sichtschutzmaßnahmen gehört nach § 24 Abs 1 BRWO zu den Aufgaben des Wahlvorstands, der den Wählern konkrete, für den Zweck geeignete Vorrichtungen oder Räume zur Verfügung zu stellen hat. Es genügt demnach keineswegs, den Wählern die spontane Suche nach einem unbeobachteten Ort für die Stimmabgabe selbst zu überlassen, zumal durch ein solches Ansinnen ein mit den Grundsätzen der freien und geheimen Wahl unvereinbarer mittelbarer Druck ausgeübt würde. Das Argument des Revisionswerbers, es sei alternativ ja möglich gewesen, anstatt bei der „fliegenden Wahlkommission“ im Hauptwahllokal die Stimme abzugeben, ist insofern nicht zielführend, als im Anfechtungsverfahren keine theoretischen Abläufe, sondern die Umstände der tatsächlich durchgeführten Wahl zu beurteilen sind.