07.05.2012 Zivilrecht

OGH: Zur Klagslegitimation des Mitmieters

Zur Herstellung der Aktivlegitimation für die rechtsgestaltende Aufkündigung eines Bestandverhältnisses durch einen Mitmieter genügt die Zustimmung des anderen, sodass Einhelligkeit dargetan ist; einer von mehreren Mitmietern ist auch dann zur Aufkündigung legitimiert, wenn ein Verzicht des anderen auf seine Mitmietrechte gegenüber dem Vermieter feststeht; soll das Mietrecht der Mitmieter nicht verändert, sondern lediglich ein Eingriff in dieses Mietrecht durch Dritte abgewehrt werden, ist die Klägerin als Mitmieterin aber alleine berechtigt


Schlagworte: Mietrecht, Miteigentum, Mitmieter, Aktivlegitimation, Räumungsverfahren, titellose Benützung
Gesetze:

§§ 825 ff ABGB, § 14 ZPO, § 226 ZPO

GZ 2 Ob 123/11v, 28.03.2012

 

OGH: Zwar bilden nach stRsp mehrere Mitmieter eine Rechtsgemeinschaft bürgerlichen Rechts nach § 825 ABGB und daher im Kündigungsprozess eine notwendige Streitgenossenschaft iSd § 14 ZPO. Damit gemeint sind aber in erster Linie Kündigungsprozesse gegen die Mitmieter.

 

Zur Aktivlegitimation hat der OGH ausgesprochen, dass für eine rechtsgestaltende Aufkündigung eines Bestandverhältnisses durch einen Mitmieter die Zustimmung des anderen genügt, sodass Einhelligkeit dargetan wird, oder dass ein Verzicht des anderen auf seine Mitmietrechte gegenüber dem Vermieter feststeht.

 

Nach ebenfalls stRsp ist es jedem Teilhaber einer Gemeinschaft möglich, die zur Wahrung des Gesamtrechts erforderlichen Rechtsbehelfe zu ergreifen, deren es zur Wahrung seines Anteilsrechts bedarf. Der Gegner kann sich einer derartigen Klage gegenüber nicht darauf berufen, dass der Kläger alleine zur Geltendmachung dieser Ansprüche nicht befugt sei. So ist selbst ein Minderheitseigentümer zur Räumungsklage gegen einen Benützer, dessen Titel zur weiteren Benutzung erloschen ist, berechtigt, ohne dazu die Zustimmung der übrigen Miteigentümer zu benötigen. Das Klagerecht des einzelnen Teilhabers gegen Dritte kommt dort in Frage, wo die Klage keine Veränderung des gemeinsamen Vermögens anstrebt, sondern einen Zweck verfolgt, im Interesse der Gesamtheit den rechtswidrigen Eingriff eines Dritten in die gemeinsame Sache abzuwehren. Dies gilt auch für jeden Teilhaber einer bürgerlich rechtlichen Gesellschaft. Die Klage darf nur nicht auf Veränderung oder Feststellung des gemeinsamen Rechts gerichtet sein.

 

Im vorliegenden Fall macht die Klägerin keine rechtsgestaltende Aufkündigung eines Mitbestandrechts geltend, sondern behauptet die titellose Benützung des von ihrem Mitmietrecht betroffenen Bestandobjekts durch die Beklagte. Bei dieser Klage soll das Mietrecht der beiden Mitmieterinnen nicht verändert, sondern lediglich ein Eingriff in dieses Mietrecht durch Dritte abgewehrt werden. Dazu ist die Klägerin als Mitmieterin nach der oben dargelegten Judikatur aber alleine berechtigt, sodass es auf die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage der Beteiligung des Zwangsverwalters nicht ankommt.

 

Daraus folgt jedoch nicht, dass auch die Übergabe des geräumten Objekts an den Mitberechtigten zu erfolgen hat. Dazu bedürfte dieser eines eigenen Rechtstitels. Die Räumung iSd § 349 EO kann von der Übergabe der geräumten Liegenschaft an den betreibenden Gläubiger auch nicht getrennt werden. Zur Übernahme des geräumten Objekts sind daher nur alle Mitberechtigten gemeinsam berechtigt, weshalb im Übergabebegehren sämtliche Mitberechtigten zu nennen sind. Sollte sich daher im fortgesetzten Verfahren die titellose Benützung durch die beklagte Partei herausstellen, wird das von der Klägerin gestellte Begehren auf Übergabe des geräumten Objekts an sie alleine mit den Parteien zu erörtern sein.