OGH: Verpflichtung zur Auskunftserteilung nach § 16 SpaltG
Dass ihm tatsächlich (und in welcher Höhe) Ansprüche zustehen, braucht der nach § 16 SpaltG Auskunft Begehrende nicht nachweisen, würde doch sonst der Hauptprozess in das Auskunftsverfahren verlagert
§ 16 SpaltG
GZ 6 Ob 246/11m, 15.03.2012
OGH: Nach § 16 Abs 1 SpaltG kann derjenige, der durch die Spaltung in seinen rechtlichen Interessen betroffen wird, von jeder an der Spaltung beteiligten Gesellschaft die Erteilung von Auskünften über die Zuordnung von Vermögensteilen verlangen. Nach Abs 2 entscheidet das Gericht über diesen Anspruch auf Auskunftserteilung im Verfahren außer Streitsachen.
Ein derartiges (inhaltsgleiches) Auskunftsrecht sah bereits § 11 SpaltG 1993 idF vor dem EU-GesRÄG 1996 vor; diese Bestimmung hatte ihrerseits § 16 HVG zum Vorbild. Der Zweck dieser Bestimmung liegt im Schutz der Gläubiger, der Vertragspartner und der Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft. Auch wenn die Vermögenszuteilung auf die einzelnen an der Spaltung beteiligten Gesellschaften im Spaltungsplan festzulegen ist und dieser jedem Gläubiger auf dessen Verlangen ausgehändigt und beim Firmenbuch offengelegt werden muss, ist die im Spaltungsplan vorgenommene Vermögenszuteilung nicht für jeden außenstehenden Dritten ohne Weiteres nachvollziehbar.
Die G***** als Rechtsvorgängerin der Erstantragsgegnerin erwirkte im Jahr 1993 (offenbar aus einem Kreditverhältnis) ein Leistungsurteil gegen die Antragstellerin, welches von dieser jedenfalls zum Teil auch erfüllt wurde; dies bestreiten auch die Antragsgegnerinnen nicht. Nachdem Jahre später für die Antragstellerin ein Sachwalter bestellt worden war, wurde das Leistungsurteil im Jahr 2007 als nichtig aufgehoben, woraus die Antragstellerin nunmehr bereicherungsrechtliche Rückforderungsansprüche hinsichtlich der von ihr geleisteten Zahlungen ableiten will.
Entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Auffassung hat die Antragstellerin damit insoweit ausreichend ihr rechtliches Interesse an einer Auskunftserteilung iSd § 16 SpaltG bescheinigt. Dass ihm tatsächlich (und in welcher Höhe) Ansprüche zustehen, braucht der nach § 16 SpaltG Auskunft Begehrende hingegen nicht nachweisen, würde doch sonst der Hauptprozess in das Auskunftsverfahren verlagert.
Die Antragstellerin hat bereits vor Einleitung des Verfahrens auf Auskunftserteilung am 28. 10. 2008 die beiden Antragsgegnerinnen mit ihrem Auskunftsbegehren konfrontiert, woraufhin die Erstantragsgegnerin dem Sachwalter der Antragstellerin mit Schreiben vom 4. 7. 2008 mitteilte, dass „der gegenständliche Geschäftsfall betreffend [die Antragstellerin] zu keinem Zeitpunkt auf die [Zweitantragsgegnerin] migriert [worden sei]. […] Zum Zeitpunkt der Übertragung der Geschäftsfälle von der E***** auf die [Zweitantragsgegnerin sei] der gegenständliche Geschäftsfall betreffend [die Antragstellerin] bereits längst abgeschlossen [gewesen], sodass dieser jedenfalls nicht übertragen werden konnte.“ Das Rechtsverhältnis sei weder auf die Zweitantragsgegnerin übertragen noch von dieser übernommen worden.
Dass auch die Zweitantragsgegnerin der Antragstellerin bereits mit Schreiben vom 14. 2. 2008 mitgeteilt hatte, „die genannten Personen beziehungsweise deren Konten [seien von der Erstantragsgegnerin] nicht an [sie] migriert“ worden, es bestehe keine Rechtsnachfolge, hat die Antragstellerin bereits in ihrem verfahrenseinleitenden Antrag ausgeführt.
Die Antragstellerin, die im Übrigen ihre Nichtigkeitsklage (gegen das Leistungsurteil) zu einem Zeitpunkt gegen die Erstantragsgegnerin gerichtet hatte, als die beiden die Teilbereiche „Geschäftsfeld V*****“ und „Filiale B*****“ betreffenden Spaltungsvorgänge bereits abgeschlossen waren, behauptete im Verfahren erster Instanz zunächst nicht, dass neben den beiden Antragsgegnerinnen noch weitere an den Spaltungsvorgängen beteiligte juristische Personen als Anspruchsgegner in Betracht kommen könnten; sie brachte vielmehr (zunächst) sogar ausdrücklich vor, dass „eine der beiden Antragsgegnerinnen … Rechtsnachfolgerin der [G*****] im Zusammenhang mit [ihrem] Vertragsverhältnis [war], das der Klagsführung im Jahr 1993 zugrunde lag“. Auch das Rekursgericht begründete die Berechtigung des Auskunftsbegehrens mit den beiden Spaltungsvorgängen des Jahres 2003.
Damit sind die Antragsgegnerinnen insoweit aber dem Auskunftsbegehren der Antragstellerin bereits vor Antragstellung hinreichend nachgekommen.
Nach Ansicht von Kalss ist zwar die Auskunft nach § 16 SpaltG nicht darauf beschränkt, dass ein Gläubiger oder sonst Interessierter erfährt, welcher an der Spaltung beteiligten Gesellschaft „seine“ Forderung im Spaltungsplan oder Spaltungs- und Übernahmevertrag oder „sein“ Vertrag zugeordnet wurden; vielmehr sei jeder Auskunftsberechtigte berechtigt, nach der Zuordnung jedes einzelnen Vermögensteils der übertragenden Gesellschaft anlässlich der Spaltung Auskunft zu verlangen, weil durch diese Information einerseits der Hauptschuldner iSd § 15 Abs 1 SpaltG ermittelt werden, zugleich andererseits mittelbar auch festgestellt werden könne, welche Gesellschaft als sonstige Gesellschaft zur Haftung herangezogen werden kann.
Allerdings ist bei der vorliegenden Konstellation zu berücksichtigen, dass der Antragstellerin aufgrund der Auskünfte der Antragsgegnerinnen bereits vor Einleitung des Auskunftsverfahrens all diese Informationen zugekommen sind. Alleinige Schuldnerin eines allfälligen Rückforderungsanspruchs wäre demnach die Erstantragsgegnerin. Gegen diese müsste die Antragstellerin ihre Bereicherungsklage richten. Mangels Übertragung des Rechtsverhältnisses zwischen der Antragstellerin und der Rechtsvorgängerin der Erstantragsgegnerin auf die Zweitantragstellerin kommt diese auch nicht als Nebenschuldnerin nach § 15 SpaltG in Betracht. Nach dessen Abs 1 besteht eine Nebenhaftung nur „für die bis zur Eintragung der Spaltung begründeten Verbindlichkeiten“. Der Rückabwicklungsanspruch der Antragstellerin entstand aber erst im Jahr 2007 mit Nichtigerklärung des ursprünglichen Leistungsurteils, als die Spaltungsverträge des Jahres 2003 bereits eingetragen waren.
Die Erstantragsgegnerin hat dem Sachwalter der Antragstellerin mit Schreiben vom 20. 8. 2008 mitgeteilt, „dass vorab auf keinerlei Einwendungen in einem allfälligen Rechtsstreit verzichtet [werde], sohin weder auf den Einwand der mangelnden Passivlegitimation noch auf die Einrede der Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts“.
Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Erstantragsgegnerin hinsichtlich der Spaltungsvorgänge des Jahres 2003 bereits vor Antragstellung hinreichend Auskunft erteilt hat. Potenzielle Streitgegner können nicht bereits im Auskunftsverfahren dazu verhalten werden, formell- oder materiell-rechtliche Erklärungen betreffend das erst (allenfalls) einzuleitende Streitverfahren abzugeben.
Damit bestand aber für die Antragstellerin gegenüber der Zweitantragsgegnerin keinerlei Veranlassung, ein Auskunftsbegehren nach § 16 SpaltG zu stellen, weshalb deren Revisionsrekurs Folge zu geben und insoweit der Antrag abzuweisen waren.
Der Hintergrund für die Verweigerung eines Verzichts auf den Einwand der mangelnden Passivlegitimation durch die Erstantragsgegnerin lag - entgegen der vom Rekursgericht vertretenen Auffassung - nicht in den Spaltungsvorgängen des Jahres 2003 (betreffend das Verhältnis zwischen Erst- und Zweitantragsgegnerinnen), sondern in den weiteren Spaltungsvorgängen der Jahre 2008 und 2010 im Bereich der Erstantragsgegnerin. Darauf hat die Antragstellerin bereits im Verfahren erster Instanz hingewiesen. Da die Antragstellerin iSd § 16 Abs 1 SpaltG durch diese gesellschaftsrechtlichen Vorgänge in ihren rechtlichen Interessen betroffen ist und ihr die Erstantragsgegnerin diesbezüglich - jedenfalls nach der Aktenlage - bislang keine Auskünfte erteilt hat, haben die Vorinstanzen insoweit dem Auskunftsbegehren zutreffend stattgegeben.