19.03.2012 Strafrecht

OGH: Rechtsanwalt in eigener Sache – Kostenersatz gem § 1 Abs 2 RATG?

Im Strafverfahren besteht nur ein Anspruch auf Ersatz der Kosten eines tatsächlich beigezogenen Vertreters; wenn eine rechtskundige Partei selbst im Verfahren tätig wird, kann sie keine Entschädigung iSd § 1 Abs 2 erster Satz RATG verlangen


Schlagworte: Rechtsanwaltstarif, Rechtsanwalt in eigener Sache, Kostenersatz, tatsächlich beigezogener Vertreter
Gesetze:

§ 1 Abs 2 RATG, § 381 Abs 1 Z 8 StPO, § 393 Abs 1 StPO

GZ 15 Os 75/11k, 29.06.2011

 

Mit Beschluss vom 13. Oktober 2009 bestimmte das Landesgericht für Strafsachen Wien gem § 395 Abs 1 StPO - soweit hier von Interesse - die Kosten des - dort persönlich anwesenden, indes unvertretenen - Privatanklägers Dr V für die Teilnahme an der Berufungsverhandlung nach den Tarifansätzen des RATG in der beantragten Höhe mit der Begründung, dass dem Zweitprivatankläger als Rechtsanwalt in eigener Sache „gem § 1 Abs 2 RATG Kosten zustehen, als wäre er von einem Rechtsanwalt vertreten“.

 

OGH: Entgegen der Rechtsansicht der hier befasst gewesenen Gerichte steht einem Privatankläger (wie auch einem Angeklagten oder Subsidiarankläger), der sich im Verfahren selbst vertreten hat, nach dem Gesetz auch dann kein Anspruch auf Vertretungskosten zu, wenn er selbst Rechtsanwalt ist. Denn § 1 Abs 2 erster Satz zweiter Halbsatz RATG bestimmt bloß, dass die Vorschriften dieses Bundesgesetzes (soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt wird) auch bei Bestimmung der Kosten gelten, die der Gegner zu ersetzen hat, und zwar auch dann, wenn dem Rechtsanwalt in eigener Sache Kosten vom Gegner zu ersetzen sind. Die Bestimmung sagt demgemäß nichts darüber aus, unter welchen Voraussetzungen einem Rechtsanwalt in eigener Sache vom Gegner Kosten zu ersetzen sind, sondern bloß, dass sich die Höhe des Ersatzes nach dem Tarif richtet, falls überhaupt - dem Grunde nach - ein Ersatz stattfindet.

 

Schon nach dem eindeutigen Wortlaut sind unter den „Kosten der Verteidiger und anderer Vertreter“ (§ 381 Abs 1 Z 8 StPO) - was ebenso der Formulierung des § 393 Abs 1 StPO („Wer sich im Strafverfahren eines Vertreters bedient …“) deutlich zu entnehmen ist - nur die Kosten eines tatsächlich in Anspruch genommenen Vertreters zu verstehen, nicht aber die Entschädigung, die eine rechtskundige Partei für ihre eigene Betätigung im Verfahren in Anspruch nimmt.