12.03.2012 Zivilrecht

OGH: Zur Frage, ob ein werdender Unternehmer, der vor Aufnahme seines Geschäftsbetriebs mit einem Kunden unmittelbar den Unternehmenszweck betreffende Geschäfte abschließt, noch unter die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 3 KSchG fällt

Wirksam geschlossene Geschäfte, die unmittelbar den Unternehmenszweck umsetzen und die Erbringung der unternehmerischen Leistung zum Gegenstand haben, sind Geschäfte, die sich auf den laufenden Unternehmensbetrieb beziehen, und damit nicht mehr Vorbereitungsgeschäfte


Schlagworte: Konsumentenschutzrecht, werdender Unternehmer, vor Aufnahme des Betriebes, Vorbereitungsgeschäfte, Gründungsgeschäfte, Unternehmenszweck
Gesetze:

§ 1 Abs 3 KSchG

GZ 8 Ob 98/11m, 24.10.2011

 

Der Kläger geht selbst davon aus, dass er iZm dem Betrieb der von ihm errichteten Heizanlage Unternehmer iSd KSchG ist. Der Anwendung des § 15 KSchG auf den Anlassfall tritt er nur mit dem Argument entgegen, dass es sich bei dem mit den Beklagten abgeschlossenen Wärmeliefervertrag um ein Gründungsgeschäft iSd § 1 Abs 3 KSchG gehandelt habe.

 

OGH: Nach § 1 Abs 3 KSchG sind Geschäfte, die eine natürliche Person vor Aufnahme des Betriebs ihres Unternehmens zur Schaffung der Voraussetzungen dafür vornimmt, (noch) als Verbrauchergeschäfte zu qualifizieren, weil diese noch nicht als zum Betrieb eines Unternehmens iSd § 1 Abs 1 Z 1 KSchG gehörig angesehen werden. Diese Ausnahmebestimmung soll dem Umstand Rechnung tragen, dass dem erst werdenden Unternehmer typischerweise die unternehmerische Erfahrung und die nötige Branchenkenntnis fehlt („Branchenneuling“). Aus diesem Grund werden sog Vorbereitungsgeschäfte bzw Gründungsgeschäfte des künftigen Unternehmers für seine unternehmerische Tätigkeit noch nicht als Unternehmensgeschäfte betrachtet.

 

Die Ausnahmeregelung des § 1 Abs 3 KSchG gilt nicht nur für das erste Gründungsgeschäft, das der zukünftige Unternehmer vornimmt, sondern für alle Geschäfte, die zur Aufnahme des Betriebs zur Schaffung der Voraussetzungen dafür erforderlich sind. Dabei entspricht es der einheitlichen LuRsp, dass auch Dauerschuldverhältnisse als Gründungsgeschäfte anzusehen sind und damit ebenso Sachverhalte erfasst werden, die sich nach dem Vertragsabschluss ereignen, aber vom Vertrag erfasst werden. Das Vorliegen eines Gründungsgeschäfts ist aber etwa dann zu verneinen, wenn dadurch ein bereits bestehendes Unternehmen erweitert werden soll.

 

Die in Rede stehende Ausnahmeregelung enthält sowohl eine zeitliche als auch eine inhaltliche Komponente. Nach der inhaltlichen Komponente dienen Gründungsgeschäfte der Schaffung der Voraussetzungen für die Erbringung der betrieblichen Leistung. Sie ermöglichen erst die Ingangsetzung des Unternehmensbetriebs. Dafür kommen etwa Verträge mit Lieferanten oder mit dem Vermieter von Geschäftsräumlichkeiten in Betracht. Nach der Aufnahme des Betriebs können aber keine Gründungsgeschäfte mehr geschlossen werden. Der Betrieb des Unternehmens ist aufgenommen, sobald der Unternehmer beginnt, die eigentlichen Unternehmensgeschäfte zu schließen und abzuwickeln, die unmittelbar der laufenden Verfolgung des Unternehmenszwecks dienen. Dazu zählen regelmäßig die Verträge mit Kunden über die Erbringung der unternehmerischen Leistung.

 

Wirksam geschlossene Geschäfte, die unmittelbar den Unternehmenszweck umsetzen und die Erbringung der unternehmerischen Leistung zum Gegenstand haben, sind somit Geschäfte, die sich auf den laufenden Unternehmensbetrieb beziehen, und damit nicht mehr Vorbereitungsgeschäfte.

 

Die rechtlichen Grundsätze zur Beurteilung der hier strittigen Reichweite der Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 3 KSchG sind in der Rsp im Einklang mit der Literatur bereits in ausreichendem Maß geklärt. Die Vorinstanzen sind von diesen Grundsätzen, deren Anwendung auf den Anlassfalls typisch von den Umständen des Einzelfalls geprägt ist, nicht abgewichen. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Aufnahme des Betriebs eines Unternehmens schon insoweit zu bejahen sei, als der Unternehmer wie hier schon vor Inbetriebnahme der Anlage gegenüber Kunden als Dienstleister bzw Anbieter auftrete, erweist sich als nicht korrekturbedürftig.