06.03.2012 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Zur Frage, ob Disziplinarordnungen auch Teil des Einzelarbeitsvertrags werden können

Nach der Rsp des OGH scheidet in Betrieben, in denen Betriebsvereinbarungen geschlossen werden können, eine einzelvertragliche Einführung einer betrieblichen Disziplinarordnung ebenso aus wie ein Unterlaufen der Mitbestimmung der Belegschaft dadurch, dass eine der Sache nach generelle Regelung im Wege von konkreten Einzelmaßnahmen getroffen wird


Schlagworte: Arbeitsverfassungsrecht, Einführung einer betrieblichen Disziplinarordnung, Einzelarbeitsvertrag
Gesetze:

§ 96 ArbVG, § 102 ArbVG

GZ 9 ObA 12/11x, 25.10.2011

 

OGH: Gem § 96 Abs 1 Z 1 ArbVG bedarf die Einführung einer betrieblichen Disziplinarordnung der Zustimmung des Betriebsrats. Gem § 102 Satz 2 ArbVG ist die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen im Einzelfall nur dann zulässig, wenn sie in einem Kollektivvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung (§ 96 Abs 1 Z 1 ArbVG) vorgesehen ist. Sie bedarf, sofern darüber nicht eine mit Zustimmung des Betriebsrats eingerichtete Stelle entscheidet, der Zustimmung des Betriebsrats.

 

§ 102 ArbVG stellt eine zwingende Vorschrift dar, die das Mitwirkungsrecht des Betriebsrats bei der Verhängung einer Disziplinarmaßnahme sichern soll. Gibt es keine Disziplinarordnung in einem Kollektivvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung, ist eine konkrete Disziplinarmaßnahme in der vorhandenen Disziplinarordnung nicht enthalten, wird das vorgesehene Disziplinarverfahren nicht oder nicht ordnungsgemäß abgeführt oder wird im Disziplinarverfahren keine Zustimmung zur Verhängung erteilt, so darf der Arbeitgeber eine Disziplinarmaßnahme nicht durchführen. Verhängt der Arbeitgeber trotz Fehlens der formalen Voraussetzungen eine Disziplinarmaßnahme, so ist diese rechtsunwirksam. Nach der Rsp des OGH scheidet in Betrieben, in denen Betriebsvereinbarungen geschlossen werden können, eine einzelvertragliche Einführung einer betrieblichen Disziplinarordnung ebenso aus wie ein Unterlaufen der Mitbestimmung der Belegschaft dadurch, dass eine der Sache nach generelle Regelung im Wege von konkreten Einzelmaßnahmen getroffen wird.