31.01.2012 Zivilrecht

OGH: Gutgläubiger Erwerb gem § 367 ABGB (hier: iZm Vertrauensmännerkette)

Ebenso wie der Eigentümer das Risiko trägt, dass die Person, der er die Sache anvertraut hat, diese veruntreut, ist dem Eigentümer auch das Risiko zuzuweisen, dass dieselbe Person die Sache nicht unmittelbar dem späteren Erwerber überträgt, sondern einer anderen Person überlässt, die sie schließlich verkauft


Schlagworte: Sachenrecht, Eigentumsrecht, gutgläubiger Erwerb, Vertrauensmännerkette
Gesetze:

§ 367 ABGB

GZ 1 Ob 230/11x, 24.11.2011

 

OGH: Die Frage, ob der Erwerber einer fremden Sache iSd § 368 Abs 1 ZPO redlich war bzw dem (früheren) Eigentümer der Beweis der Unredlichkeit (§ 368 Abs 2 ABGB) nicht gelungen ist, ist stets von den besonderen Umständen des Einzelfalls abhängig.

 

Lag der Wert des Bildes beim Erwerb im Jahr 2001 - wie der Revisionswerber ausführt - in einem Preisrahmen von 20.000 bis 40.000 EUR, ist es keineswegs bedenklich, Unredlichkeit nicht schon deshalb anzunehmen, weil der Erwerber (= Beklagte) nur 35.000 DM (rund 18.000 EUR) zahlen musste. Dass der Eigentümer eines solchen Kunstwerks regelmäßig über „Unterlagen über die Herkunft“ verfügt, behauptet der Revisionswerber - der offenbar selbst nur eine Fotografie des Gemäldes vorweisen kann - nicht, sodass auch insoweit keine bedenkliche Fehlbeurteilung vorliegt, als das Berufungsgericht die (einzelfallbezogene) Frage danach nicht erörtert hat, ob der Erwerber nach solchen Urkunden gefragt hat bzw was ihm darauf geantwortet wurde.

 

In LuRsp ist auch anerkannt, dass es nach § 367 ABGB nicht nur dann zum Eigentumserwerb des redlichen Käufers führt, wenn sein Vertragspartner eine Person ist, der die Sache vom Eigentümer anvertraut wurde, sondern auch bei Weitergabe der Sache von der „Vertrauensperson“ im Wege einer „Vertrauensmännerkette“. Ebenso wie der Eigentümer das Risiko trägt, dass die Person, der er die Sache anvertraut hat, diese veruntreut, ist dem Eigentümer auch das Risiko zuzuweisen, dass dieselbe Person die Sache nicht unmittelbar dem späteren Erwerber überträgt, sondern einer anderen Person überlässt, die sie schließlich verkauft. Auch in derartigen Fällen ist die Schutzwürdigkeit des Erwerbers nicht anders zu beurteilen als im gesetzlich geregelten Grundfall, weil eben der ursprüngliche Eigentümer die Möglichkeit eines Verlusts ebenso dadurch hervorgerufen hat, dass er die Sache wissentlich und willentlich aus der Hand gegeben hat. Ob der frühere Eigentümer den Letzten in der Vertrauensmännerkette kennt, ist damit entgegen der Auffassung des Revisionswerbers nicht von Bedeutung.