VwGH: Vertreterhaftung gem § 9 iVm § 80 BAO
Der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung bezieht sich auch auf Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich sind; der vom Vertreter zu erbringende Nachweis der Gleichbehandlung aller Gläubiger hat somit auch diese von der Gesellschaft getätigten Zahlungen (etwa sog Zug-um-Zug-Geschäfte) zu erfassen
§ 9 BAO, § 80 BAO
GZ 2011/16/0064, 09.11.2011
VwGH: Nach stRsp des VwGH hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung iSd § 9 BAO annehmen darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln des Vertretenen zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war. Der Vertreter haftet für nicht entrichtete Abgaben des Vertretenen auch dann, wenn die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten des Vertretenen nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten. Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre.
Nach stRsp des VwGH bezieht sich der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung auch auf Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich sind. Der vom Vertreter zu erbringende Nachweis der Gleichbehandlung aller Gläubiger hat somit auch diese von der Gesellschaft getätigten Zahlungen (etwa sog Zug-um-Zug-Geschäfte) zu erfassen.
Der Bf trägt vor, er habe das Anmeldungsverzeichnis und die Auszahlungsunterlagen aus dem nachfolgenden Konkurs der B GmbH vorgelegt, womit nachgewiesen worden sei, dass alle Gläubiger, somit auch das Finanzamt mit einer gleichen Konkursquote befriedigt worden seien. Dieses Vorbringen vernachlässigt, dass die Pflichtverletzung zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten der in Rede stehenden Abgabenschuldigkeiten zu prüfen ist und sich auch die von der belangten Behörde geforderte Liquiditätsaufstellung und der Nachweis der Gläubigergleichbehandlung auf diese Zeitpunkte beziehen müssen. Dass der Vater des Bf und der Bf für die einzelnen Fälligkeitszeitpunkte diesen (berechtigten) Forderungen der belangten Behörde nicht nachgekommen sind, wird in der Beschwerde nicht bestritten.
Der Bf führt ins Treffen, durch die Zahlung der Löhne sei erst die Fertigstellung der Arbeiten ermöglicht worden und dadurch sei ein Werklohn von rund 24.000 EUR auf das Massekonto eingegangen. Deshalb wären die erfolgten Lohnzahlungen nicht kausal für den Abgabenausfall. Der genannte Zahlungseingang auf das Massekonto habe nämlich die Ausschüttung einer Quote iHv 21,1207 % erst ermöglicht.
Dem ist entgegenzuhalten, dass für die Beantwortung der Frage nach der Haftung nach § 9 BAO nicht eine saldierte Betrachtungsweise der über einen längeren Zeitraum einschließlich der Ausschüttung des Massevermögens anzustellen ist, sondern dass die Kausalität der Pflichtverletzung, aus den vorhandenen Mitteln die fälligen Abgaben nicht zumindest anteilig entrichtet oder abgeführt zu haben, für den Zeitpunkt der Fälligkeit der jeweiligen Abgabe zu prüfen ist. Da der Bf sohin nicht einmal behauptet, sein Vater oder er habe die von der belangten Behörde geforderten Liquiditätsnachweise zu den einzelnen Fälligkeitszeitpunkten bekannt gegeben und die im Falle einer Gläubigergleichbehandlung auf die Abgabenschulden entfallende Quote mitgeteilt, zeigt er keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.