OGH: Zur Frage, ob einem Insolvenzgläubiger gegen einen Beschluss, mit dem die Übertragung der Masseaktiva eines insolventen Konzernunternehmens auf die Konkursmasse der ebenfalls insolventen Muttergesellschaft genehmigt wird, Rekurslegitimation zukommt
Soll nach einem im Insolvenzverfahren gestellten Antrag die Gläubigerstellung substanziell verändert werden, so ist die Rekurslegitimation der betroffenen Insolvenzgläubiger zu bejahen
§ 260 IO, § 252 IO, §§ 514 ff ZPO
GZ 8 Ob 104/11v, 22.11.2011
OGH: Allgemein steht ein Rechtsmittel nur demjenigen zu, der durch die Entscheidung in seinen rechtlich geschützten Interessen beeinträchtigt ist. Auch im Insolvenzverfahren ist für die Bejahung der Rekurslegitimation nach stRsp vorausgesetzt, dass der Rekurswerber in seinem Recht verletzt ist; ein bloß wirtschaftliches Interesse genügt nicht.
Im Hinblick auf Beschlüsse des Insolvenzgerichts, mit denen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Antrag auf dessen Eröffnung abgewiesen wird, sind grundsätzlich der Schuldner und die Gläubiger bescheinigter Insolvenzforderungen rekurslegitimiert. Richtig ist, dass die Rechtsmittellegitimation der Insolvenzgläubiger zwar im Nachtragsverteilungsverfahren, nicht aber etwa im Verwertungsverfahren und bei Ausscheidung von Massebestandteilen gem § 119 Abs 5 KO bejaht wird.
Die hier beantragte Ausschüttung der gesamten Konkursmasse führt aus Sicht der Gläubiger der Schuldnerin zu einer substanziell veränderten Gläubigerstellung in einem Verfahren mit neuem Verfahrensgegenstand. Dies gelangt auch im korrespondierenden Antrag der Masseverwalterin im Insolvenzverfahren gegen die Muttergesellschaft zum Ausdruck, wonach die Konkursquote der Gläubiger im vorliegenden Verfahren im anderen Verfahren nach der ihnen dort zukommenden Rechtsstellung ermittelt werden soll. Bei Veränderung der Gläubigerposition im Insolvenzverfahren sind die rechtlichen Interessen der betroffenen Insolvenzgläubiger berührt, weshalb die Rekurslegitimation bejaht werden muss. Entgegen der Ansicht der Masseverwalterin kann diese Situation nicht etwa mit einzelnen Maßnahmen im Verwertungsverfahren oder der Ausscheidung uneinbringlicher Forderungen bzw geringwertiger Sachen verglichen werden.