OGH: Aufhebung des Bestandvertrags nach § 1118 ABGB auf Grund Zinsrückstands
Da die Aufhebung des Bestandvertrags erst nach erfolgloser Mahnung erklärt werden kann, kann - wenn mangels außergerichtlicher Mahnung die Klage erst die Mahnung ersetzt - nicht die Klage selbst, sondern nur die Weiterführung des Verfahrens als konkludente Vertragsaufhebungserklärung angesehen werden
§ 1118 ABGB
GZ 3 Ob 179/11m, 12.10.2011
OGH: Ein zur vorzeitigen Aufhebung des Bestandvertrags nach § 1118 ABGB berechtigender qualifizierter Zinsrückstand liegt vor, wenn der Bestandnehmer nach geschehener Einmahnung mit der Bezahlung des Zinses dergestalt säumig ist, dass er bis zum nächsten Zinstermin den rückständigen Bestandzins nicht vollständig entrichtet hat. Eine Einmahnung iSd § 1118 ABGB ist jedenfalls in der Zustellung einer Zins- oder Räumungsklage zu erblicken, sofern die Mietzinsschuldigkeit darin hinreichend konkretisiert ist. Es muss immer die zeitliche Abfolge - Mahnung, Nachfristgewährung und Auflösungserklärung - gewahrt werden. Da die Aufhebung des Bestandvertrags somit erst nach erfolgloser Mahnung erklärt werden kann, kann - wenn mangels außergerichtlicher Mahnung die Klage erst die Mahnung ersetzt - nicht die Klage selbst, sondern nur die Weiterführung des Verfahrens als konkludente Vertragsaufhebungserklärung angesehen werden. Das Räumungsbegehren ist also nur dann berechtigt, wenn der qualifizierte Mietzinsrückstand zum Zeitpunkt der Abgabe der Auflösungserklärung oder der diese ersetzenden Fortführung des Räumungsprozesses noch bestand.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass (erst) das Einschreiten der Klägerin bei der Verhandlungstagsatzung am 4. November 2008 (Aufrechterhaltung des Räumungsbegehrens) jenes Verhalten ist, in dem die schlüssige Vertragsaufhebungserklärung nach Verstreichen der Nachfrist nach der mit Klagenzustellung wirksam gewordenen Einmahnung des Mietzinses zu sehen ist, bildet keine vom OGH aufzugreifende Fehlbeurteilung.
Die bloße Untätigkeit (Schweigen, Unterbleiben der Klagezurückziehung) nach Verstreichen des auf die Klagezustellung folgenden Zinstermins (1. Oktober 2008) nicht als jeden Zweifel ausschließende schlüssige Verhaltensweise iSd Verfahrensfortsetzung aufzufassen, ist vertretbar. Es liegt nahe, erst im prozessualen Verhalten der Klägerin in der ersten Verhandlungstagsatzung vom 4. November 2008 (Verfahrensfortsetzung ungeachtet der Kenntnisnahme von der erfolgten Zahlung) jene schlüssige Vertragsaufhebungserklärung zu erblicken, welche - sofern der qualifizierte Mietzinsrückstand noch besteht - die Vertragsauflösung nach § 1118 ABGB rechtfertigen kann.